Wild und unbändig strömen die Flüsse durch in Jahrmillionen gegrabenen Schluchten. Dann wieder fließen sie still und tiefgründig durch fruchtbare Auen, vorbei an Dörfern, in denen die Zeit einem gemächlichen Rhythmus zu folgen scheint. Im Wasser von Lot, Aveyron und Tarn spiegeln sich mal Steilfelsen oder mittelalterliche Burgen, dann wieder Weinfelder und Obstgärten. Ein gar gesegnet Land, in dem sich das ursprüngliche, heitere Lebensgefühl des Südwestens schnell auf den Besucher überträgt.

Der Lot hatte große Bedeutung als Transportweg vom Mittelalter bis zum Anfang des 19. Jh. Treidelpfade und Kais in den Dörfern erinnern an diesen, einst unumgänglichen Handelsweg. Hat der Lot erst mal die Kastanienwälder im oberen Tal verlassen, fließt er an hübschen Dörfern mit schöner Sandsteinarchitektur vorbei. Auf der alten Brücke von Espalion überquerten ihn unzählige Jakobspilger. Für diese Wanderer mag das Städtchen mit dem Renaissance-Schloß wie eine erste Vorahnung des Südens gewirkt haben. Kurz danach beginnen die Schluchten des Lot, die bei Entraygues am Zusammenfluß mit der stürmischen Truyère enden. Ab Capdenac reihen sich entlang des Lot malerische Dörfer bis St. Cirq-Lapopie, dessen Burgruine und die mittelalterlichen Häuser das Tal weithin sichtbar überragen. Die bei Bouziès in die Steilfelsen geschlagenen Treidelpfade zeugen von den Mühen der Binnenschiffer und sind heute eine reizvolle Wanderstrecke. Seit 600 Jahren überspannt in Cahors die Wehrbrücke Pont Valentré den Fluß. Sie wurde in das Weltkulturgut der UNESCO aufgenommen. In seinem weiteren Verlauf windet sich der Lot in weitläufigen Schleifen bis Pont l’Evêque. Entlang der Hänge gedeihen hier die vollmundigen Cahorsweine, in den Talebenen reifen Obst, Gemüse, Tabak und die wertvolle Gewürzpflanze Safran.

Anders als der Lot beginnt der Tarn seinen Lauf in spektakulären Schluchten, die er bei Millau verläßt. Dort überspannt seit kurzem ein 343 m hoher Viadukt das Tal: Die wohl beeindruckendste Brückenkonstruktion des Stararchitekten Lord Norman Foster fügt sich harmonisch in die Landschaft zwischen den Steilhängen der Karsthöhen von Causse Noir und Causse du Larzac. Ab Millau fließt der Tarn gezähmt zwischen waldigen Hügeln und Wiesen. Der Fluß schlängelt sich in diesem wenig besiedelten Landstrich an einigen hübschen Dörfern vorbei. Nach einer letzten engen Schleife unterhalb des malerischen Ambialet strebt der Fluß durch offene Talauen bis Albi. Seit über 700 Jahrhunderten spiegelt sich die mächtige Backstein-Kathedrale Ste.Cécile in seinem Wasser, leuchten die Ziegelsteine der Tarn-Brücken und Ufermauern rotschimmernd in der Abendsonne. Danach durchquert der Tarn die Weinlagen von Gaillac. Roter Backstein und altes Fachwerk begeistern auch in der kleinen Bastide Lisle-sur-Tarn, die sich oberhalb ihres einstigen Flußhafens erhebt, oder Rabastens, wo der riesige Biomarkt „Biocybèle“ im Juni von Jahr zu Jahr größeren Zulauf verzeichnet. Wenn der Tarn die Rebhänge hinter sich gelassen hat, fließt er breit und behäbig seiner Mündung in die Garonne entgegen.

Reportage (13 Seiten) mit Tourentips und Infoseite:

  1. Flüsse, Burgen, Bastiden: Auf dem Fernwanderweg GR36
  2. Durch tausendjährige Weinberge: Les Hauts de Gaillac
  3. Von Rocamadour zur grünen Ouysse: Geheimnisvolle Wasseraustritte
  4. Mit dem Fahrrad auf den Spuren der Jakobspilger: Conques, Höhepunkt der Via Podiensis