Jugendliche Wanderfreude im Wandel der Zeit

Tatsächlich? Noch in den 90er Jahren sah die Lage keineswegs so düster aus. Während Kinder damals sogar mehrheitlich für das Wandern zu begeistern waren, bekannte sich immerhin noch ein Drittel der Pubertätsschwengel dazu. Ein weiteres Drittel war unsicher und nur ein Drittel strikt dagegen. Wenn man mit einer erlebnisreichen Tour erst die Schwankenden gewonnen hatte, machte meistens auch noch das letzte Drittel mit.

Um die Jahrtausendwende bröckelte dann erstmals die Anhängerschar, und ein paar Jahre später kam es zum endgültigen Absturz: 2007 kreuzten nur noch 14% in einer Tabelle beliebter Outdoor-Alternativen Wandern an, die Hälfte fand es ausgesprochen ätzend. Da kam sogar noch das Spazieren besser weg. Folgerichtig bekannte jeder Zweite, selten oder nie zu wandern.

Ziemlich genau ein Jahrhundert, nachdem der jugendliche „Wandervogel“ das pickelhaubige Kaiserreich mit neuen, selbstbewussten Umgangsformen aufgemischt und so die breite Jugendbewegung der 20er Jahre mit in Gang gesetzt hatte, geht in derselben Altersgruppe heute offenbar nichts mehr. Während das Wandern unter Erwachsenen eine wahre Renaissance feiert, gilt es beim Nachwuchs als ausgesprochen uncool. 

Ursachenforschung

Auf der Suche nach den Gründen bieten sich viele Erklärungen an, angefangen von dem dauerhaft erworbenen Sitzfleisch in der Schule und vorm Fernseher über das ständige Kutschiertwerden in Bus, Bahn und elterlichem Auto bis zum Dauerkontakt mit Freunden per Handy, Facebook und Email.

Der „Jugendreport Natur“ brachte weitere Ursachen an den Tag. So haben die neuen, interaktiven Kommunikationsmöglichkeiten und Spiele eine riesige neue Welt eröffnet, ohne dass man sich dazu noch selber in Bewegung setzen muss. Tatsächlich sind jugendliche PC-Besitzer deutlich seltener in Wald und Flur zu Fuß unterwegs als Nichtbesitzer. Als abschreckend erweist sich auch die ökologische Zeigefingermoral: Jeder Zweite ist schon mal ermahnt worden, in der Natur leise zu sein und auf den Wegen zu bleiben. Eine wohlgemeinte Umwelterziehung scheint die jugendliche Neigung, auf Entdeckungsreise zu gehen, eher auszubremsen als zu befördern.

In der „Jugendstudie Wandern“ von 2007 direkt danach befragt, was sie am Wandern nervt, benannten knapp die Hälfte der Befragten moralische Verhaltensregeln und knapp zwei Drittel Belehrungen unterwegs als wesentliche Hürde. 50% fanden das bloße Dauergehen als solches langweilig, 38% ging es zu schnell oder war die Tour zu lang. Den Vogel schoss indes die Klage von 69% der Sechst- und Neuntklässler über langweilige Wege ab – da würden oft auch gestandene Wanderer zustimmen.

Wandern beginnt wieder Spaß zu machen

Wer jetzt glaubt, die deutsche Wanderbewegung ist damit endgültig an ihr Ende gekommen, der kann getröstet werden. Schon mit Mitte 20 hat sich der Frust über dröge Familientouren und Klassenwanderungen gelegt und Wandern beginnt wieder Spaß zu machen. Wenn man es richtig anpackt, kann man sogar Jugendliche dafür begeistern. Welche Fakten und Tipps die Wanderforschung dafür bereithält, darüber ein andermal mehr im Wandermagazin oder auf

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