Nur so viel von der Umgebung zu sehen und aufzunehmen, wie man mit eigenen Füßen erwandern kann, ist ein gefragtes Angebot; der Weg wird zum eigentlichen Ziel der Wanderschaft. Dieser Trend, die Langsamkeit wieder zu entdecken und nach neuen, auch spirituellen Erfahrungen zu suchen, motiviert nicht nur den gläubigen Katholiken oder Protestanten, sondern auch andere.

Auch wenn immer vom Jakobsweg die Rede ist, so handelt es sich dabei auf deutschem Boden gleich um ein ganzes Wegenetz – erst in Spanien laufen die Zubringerwege aus ganz Europa in einem „camino de Santiago“ zusammen.

Da die Pilger auf ihrem weiten Weg andere bedeutende Stätten des Christentums aufsuchten, um von den dort verehrten Heiligen Unterstützung zu erbitten, verbinden die „Äste“ des Jakobswegs ebenso die alten Bischofsstädte mit ihren Domen und Münstern. Eine bedeutende Strecke war diejenige durch das Rheintal – auch als „Pfaffengasse“ bezeichnet, wo in Köln, Bonn, Koblenz, Mainz, Worms und Speyer hochrangige Heilige begraben liegen. Auch Aachen und Trier wurden wegen ihrer Reliquien auf der Durchreise nach Santiago de Compostela aufgesucht.

Jakobswege modern

Das Wandern auf dem Jakobsweg erlebt seit einiger Zeit eine ungeahnte Renaissance. Ein Zeichen dafür ist die Tatsache, dass der Europarat 1987 den Jakobsweg zur ersten europäischen Kulturstraße erklärte. In Deutschland förderte dies die Wiederentdeckung der Routen des Jakobswegs, die touristisch neu erschlossen wurden. Teilweise handelte es sich dabei um große Herausforderungen, wenn die historischen Wege inzwischen zu viel befahrenen Bundesstraßen geworden waren.

Es mussten neue Streckenführungen erarbeitet werden, die sich an den alten orientierten und vor allem auch die historischen Etappenziele, Kirchen, Kapellen und andere Heiligtümer miteinbezogen. Viele Routen, wie die durchs Rheinland, aber auch durch die Fränkische Schweiz, das Kinzigtal oder von Schwäbisch Hall nach Schaffhausen u.a., wurden ausgeschildert und Wanderführer dazu herausgegeben.

Neue Pilgerwanderwege

Neben dem Wiederaufleben des Jakobswegs und anderer traditionsreicher Pfade, wie dem Matthiasweg durch die Eifel nach Trier oder die Wege der Marienverehrung in Nordbayern, die zum Fränkischen Marienweg vereint wurden, entstanden neue Routen. Bei dem weitverbreiteten Wegenetz der Jakobspilger verlaufen jedoch auch Neuschöpfungen spiritueller Wege in Abschnitten auf den Traditionsstrecken.

Ein Beispiel sind die Elisabethpfade: Sie verstehen sich als ökumenische Pilgerwege und führen aus verschiedenen Himmelsrichtungen zur Grabkirche der Heiligen in Marburg. Eine dieser Routen kommt von der Wartburg in Eisenach, wo Elisabeth auch gelebt hat. Nach Eisenach kann man wiederum über einen ökumenischen Pilgerpfad von Görlitz aus – gleichzeitig auf den Spuren von Jakobspilgern – gelangen.

 Weitere Beiträge zum Thema Pilgerwandern:

  • Auf der Bonifatius-Route durch Mainz
  • Pilgerwandern im St. Wendeler Land