Auf dem Fernwanderweg GRR1

Nach einer erholsamen Nacht, gefördert von einem „Rhum arrangé“ (eine lokale Rum-Spezialität), der die üppige kreolische Mahlzeit krönte, sind die Wanderstiefel Punkt acht geschnürt. Zur rechten Zeit losmarschieren ist auf einer Insel in diesen Breiten wichtig, denn die Sonnenauf- und untergänge variieren kaum. Auf dem rot-weiß gekennzeichneten Wanderweg GRR1 starten wir in Richtung des Nachbarortes Ilet à Vidot. Vorbei an den ehemaligen Thermen geht es über eine Brücke, unter der sich die Lianen mit der Christophinen-Pflanze hangeln. Aus der Frucht wird Salat und Gemüse zubereitet. Aha, das war also unser „Chouchou“ von gestern Abend, so werden die vielseitig verwendbaren Christophinen auf der Insel liebevoll genannt. Große Bambusstauden, die eine leichte Brise zum Wispern bringt, säumen unseren Weg. Nach einem kurzen steilen Anstieg erreichen wir die kleine Straße nach Ilet à Vidot. Wir folgen weiter dem GRR1 und dringen nach dem Dorf in die üppige Vegetation des Tropenwaldes ein. Der Schatten ist nun sehr willkommen. Vogelgezwitscher begleitet uns, kleine Tec-Tecs und der „Brillenvogel“ mit den weißumrandeten Augen, die in allen Tonlagen ihr Bestes geben.

Rast unter schattigen Filaos

In der Dichte des Waldes ist es für empfindsame Wanderer angenehm zu wissen, dass es auf der Insel keine gefährlichen Schlangen gibt. So marschiert man sorglos zwischen den Bäumen, die hin und wieder den Blick auf den Piton d‘Anchaing frei geben. Dieser grüne Berg beherrscht die Mitte des Cirque de Salazie. Er verdankt seinen Namen dem entflohenen Sklavenpaar Anchaing und Héva, die hier einst eine Zuflucht gefunden hatten. Unterhalb der drei Gipfel Trou Blanc, Mare d‘Affouches und Lélesse erreichen wir die Hochfläche Grand Sable mit einigen Guavenbäumen. Die Früchte wären jetzt genau das richtige Dessert zum Picknick unter den riesigen Bäumen am Bach Fleurs jaunes. Die Stille wird nur vom Rauschen des Wassers und vom Wind in den Wipfeln unterbrochen. Wir gedenken des Erdrutsches, der hier im November 1875 fast alle Hütten samt Bewohnern in nur drei, vier Minuten unter sich begrub. Dank der Pflanzung von Filaos-Bäumen mit ihren tief reichenden Wurzeln werden heutzutage die Bergflanken stabilisiert. ...