Sonnenaufgang am Krater

Es ist einige Jahre her, doch der Anblick der aufgehenden Sonne über dem Piton de la Fournaise ist wieder ein erhebender Anblick. Unverändert auch der schmale Pfad von der Wanderherberge Gîte du Volcan bis zum Rand des riesigen Kraterkessels. Die Natur hat sich zwischen dem Vulkangestein erneut ihren Platz erobert. In den Nischen des Gesteins entwickelt sich eine niedrige Vegetation, die frühmorgens sogar mit etwas Raureif überzogen ist. Nicht nur der spektakuläre Sonnenaufgang lohnt das frühe Aufstehen für die Wanderung im Vulkangebiet. Die Wolkenschicht, die den 2.632 m hohen Piton de la Fournaise nachmittags häufig überzieht, beeinträchtigt dann die Sicht. Am frequentierten Aussichtspunkt Pas de Bellecombe führt eine mit Stahlseilen und Geländern gesicherte Treppe in den Kraterkessel hinab, in dem sich die kleineren Krater wie Blasen im Brei abzeichnen. Nach gut fünfzehn Minuten stehe ich wieder einmal überwältigt in diesem eigenwilligen, doch leicht erreichbaren Kerngebiet des Vulkans.

Wechselnde Wanderpfade

Im Gegensatz zu meinem letzten Besuch ist der Weg geradeaus zum Krater Dolomieu nicht mehr möglich. Auf dem Piton de la Fournaise, wo man meint, den Pulsschlag der Erde zu spüren, wechseln die Wanderstrecken im Rhythmus der Ausbrüche. Trotz seiner gut 380.000 Jahren alten Existenz gehört dieser Vulkan noch immer zu den jüngsten dieser Welt, deshalb auch sein temperamentvolles Wesen. Zwei neue Wanderwege sind ausgewiesen und nun habe ich die Wahl, nach links zum Krater Kapor, der 2007 immerhin sechs Monate ununterbrochen vor sich hin brodelte, oder doch lieber nach rechts über große Basaltplatten zum Krater Rivals. Doch welche Strecke ich auch wähle, wichtig ist die Beachtung der weißen Markierungen auf dem Boden, die bei Nebel sicher zum Ausgangspunkt geleiten. Noch ist die Sicht gut, die hohen Kraterwände werfen lange Schatten. Hinweisschilder am Beginn des Weges erklären nicht nur die Vulkantätigkeit, sondern geben auch Hinweise zum Verhalten bei Wanderungen. Beim Marschieren in dieser ungewohnten, grandiosen Umgebung weiß ich nie so recht, soll ich lieber auf dem Boden die vielseitigen Formen erstarrter Lava bestaunen oder den Blick über diese Mondlandschaft schweifen lassen. Auf der zerrissenen, oft wie versteinerte Blasen wirkenden Erde ist man für die dicken Sohlen der Wanderstiefel dankbar. Nachdem die Sonne über den Kraterrand gezogen ist, erweist sich, dass trotz der Kühle zum Beginn der Tour weder Sonnenhut, Schutzcreme noch der reichliche Wasservorrat überflüssig sind....