Noch vor zwei Stunden habe ich mich überhaupt nicht wohl gefühlt. Puh, war ich müde. Ich hatte keine Lust, irgendwie null Energie. Saftlos saß ich vor meinem Computer und wollte/sollte diesen Artikel über Bewegung & Wohlfühlen schreiben. Aber es ging einfach nicht. Nichts lief zusammen.

Bestimmt kennen Sie dieses unschöne Gefühl auch. Eigentlich ist ja gar nichts Schlimmes passiert. Dennoch, Sie leiden. Warum eigentlich? Ach, da ist diese seltsame Leere. Diese Lustlosigkeit. Diese Trägheit. Diese spürbare Zähigkeit. Schrecklich.
In solchen Momenten greifen viele erst mal zur Zigarette. Oder machen sich noch einen Kaffee. Oder schenken sich ein erstes Glas ein. Oder sie gönnen sich reichlich Naschwerk. Vielleicht beschert das dann ja sogar ein gutes, ein besseres Gefühl. Vorübergehend. Aber dieses Wohlgefühl ist nicht viel wert, weil es flüchtig ist. Schließlich hat sich an der Situation nichts geändert. Das heißt: doch. Denn nach der Zigarette oder der süßen Sünde fühlen wir uns weiterhin lustlos und leer – und meist plagt zudem auch noch ein schlechtes Gewissen.

Jetzt fühle ich mich richtig wohl. Warum? Ich bin einfach aufgestanden – und raus. An die frische Luft. Bewegung. Nordic Walking. Anfangs – na ja, da fiel es schwer. Aber nach zehn Minuten lief es. Ganz leicht, ganz von selbst. Da war dieser angenehme Rhythmus. Eine Leichtigkeit. Schließlich stellte sich dieses sonderbare Glückgefühl ein: Hey, ich bin stark, jedenfalls stärker als mein innerer Schweinehund. Wie schön, hier draußen zu sein. Den Kopf frei zu bekommen. Abzuschalten. Durchzulüften.
Und wie herrlich, dann wieder heim zu kommen. In die Wärme. Wie man sie plötzlich schätzen kann, diese angenehme Behaglichkeit daheim. Noch ein bisschen die Muskeln dehnen (»Stretching«) und dann unter die Dusche. Erst heiß, dann einen kalten Schauer. Brrrhh. Eine echte Mutprobe. Aber was für eine Wohltat, hinterher.
Jetzt sitze ich also wieder am Schreibtisch, frisch und mit neuem Schwung. Oh, ja, jetzt fühle ich mich wohl.
Wohlgefühl, Wohlbefinden – was für wohl klingende Worte für einen wunderbaren Zustand. Der Weg dorthin scheint kompliziert – und er kann ganz einfach sein. Oft sind es Mythen und Missverständnisse, manchmal auch nur Kleinigkeiten, die unserem Wohlgefühl im Wege stehen.

Wohlbefinden ist zu einem großen Teil Psychologie, also Einstellungssache. Da hilft es, wenn wir neugierig und aufgeschlossen sind. Wenn wir alte Gewohnheiten in Frage stellen und uns auf neue Gedanken einlassen. Wenn wir uns bewusst machen, wie eng körperliche und seelischen Abläufe vernetzt sind. Alles, was wir tun oder unterlassen, alles, was in unserem Kopf vorgeht, was wir denken und fühlen, wirkt sich unmittelbar aufs Wohlbefinden aus.
Wann fühlen Sie sich besonders wohl? Könnten Sie ganz rasch zehn Wohlfühl-Situationen nennen? Auch in dieser Beziehung können wir von Kindern lernen. Fragen Sie mal ein Kind. Da hören Sie solche Sachen wie: Wenn ich meine Hasen auf dem Arm hab. Wenn ich seilspringe. Wenn ich singe. Wenn ich lache. Wenn ich mit dem Hund renne oder schmuse. Wenn ich schaukele. Wenn ich bade. Wenn ich male. Wenn ich toben darf.
Fällt Ihnen auf, dass Wohlfühlen ganz oft etwas mit Aktivität zu tun hat? Fast immer ist Bewegung im Spiel, wenn es um gute Gefühle, ums Wohlfühlen geht. Neben der Nahrung für Leib und Seele und der Kunst der Entspannung ist die Lust auf Bewegung eine ganz wichtige Voraussetzung fürs Wohlbefinden.
Bewegungsmangel raubt uns einen Großteil der Energie und Lebensfreude und führt in den Teufelskreis der Trägheit.
Trägheit macht traurig.
Vielleicht greift hier ja sogar das Trägheitsgesetz, dieses Beharrungsvermögen jedes Körpers, sich einer Änderung seiner momentanen Bewegung zu widersetzen. Diese Gesetzmäßigkeit hatte Galilei schon 1609 entdeckt: »Jeder Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder gradlinig-gleichförmigen Bewegung, so lange keine Kräfte auf ihn wirken.«  ...