Hatten die Glaubensflüchtlinge aus Südfrankreich die für Protestanten sichere Hochebene von Trièves hinter sich gelassen, lag vor ihnen eine der gefährlichsten Strecken bis ins calvinistische Genf. Sie führte 125 km an der Grenze des Königreichs Frankreich und dem Herzogtum Savoyen entlang. Stets liefen die Hugenotten Gefahr, von den königlichen Truppen entdeckt oder von Denunzianten ausgeliefert zu werden, denen eine Belohnung winkte. Nach Aufhebung des Ediktes von Nantes war es den Anhängern Calvins und Luthers nicht nur verboten, ihren Glauben auszuüben, sie durften auch das Land nicht verlassen. Wer sich dem Zwang einer Rückkehr in den Schoß der katholischen Kirche entziehen wollte, hatte jedoch keine andere Wahl. Im durch den Dreißigjährigen Krieg ausgebluteten Deutschland waren die fleißigen, protestantischen Handwerker willkommen.

Wanderer, die heute auf dem „Hugenotten Weg“ den Spuren der Glaubensflüchtlinge durch die Departements Savoie und Haute-Savoie folgen, müssen sich um Sicherheit und Unterkünfte nicht sorgen. Sie können unbeschwert eine der schönsten Strecken des europäischen Fernwanderweges „Chemin de la Tolérance“ genießen. Beim Fort Barraux waren die Hugenotten auf Schlepper angewiesen, die sie bei Nacht und Nebel an der Festung vorbei schmuggelten. Überlieferungen zufolge war dies ein einträgliches Geschäft für Ortskundige, die aus der Not der Flüchtlinge Profit machten. Und sie ließen sich ihre Dienste, auf denen die Todesstrafe stand, teuer bezahlen.

Heute kann der Wanderer auf dem Waldweg bei Barraux auch allein einen Fuß vor den anderen setzen. Und er muss sich nicht vor Bären und Wölfen fürchten, deren Jagdtrophäen damals die Scheunentore zierten. Mit Blick auf den Mont Granier, der sich mit 1.933 m am Rand des Naturparks Chartreuse erhebt, beginnt der Abstieg durch ein buckeliges Gelände mit den Weinlagen von Apremont und Abymes. Dieser Landstrich verdankt sein Aussehen einem gigantischen Erdrutsch im Jahr 1248. Damals stürzten 150 Mio. Kubikmeter Erde und Geröll vom Mont Granier. Der Erdrutsch schuf hervorragende Bedingungen für den Anbau von Reben. Von der Anhöhe gleitet der Blick über ein breites Tal zum Hügel mit dem Dorf Les Marches und dem Schloss der schönen Adèle Bellegarde. Ein Jahrhundert nach dem Exil der Protestanten diente sie dem Maler David als Modell für sein Gemälde „Raub der Sabinerinnen“, eine Allegorie für Frieden und Versöhnung.

In den Weinlagen von Les Marches gibt das Museum in einem Winzerkeller einen Überblick über den Weinbau im 16. Jh. So manchem Hugenotten, der auf seinem beschwerlichen Weg bei Glaubensgenossen Unterschlupf fand, wurde ein Glas rustikalen Weins zur Stärkung gereicht. Ungleich besser schmecken die heute in diesem Gebiet angebauten Tropfen, wiewohl sie durchaus stärkend wirken können. ...

 


Infos zur Region:

www.savoiemontblanc.com

www.rhonealpes-tourisme.com

www.rhonealpes.tv

www.surlespasdeshuguenots.eu